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#lernen

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Interessante Studie zur #Lernforschung / #Lerntheorie

"Der Transfer von neurowissenschaftlichen Befunden in die schulische Praxis wurde begleitet von der Entstehung von Fehlkonzepten über das menschliche Gehirn, sogenannte #Neuromythen."

Neuromythen sind zu Beginn des Lehramtsstudiums prävalent und unabhängig vom Wissen über das menschliche Gehirn. Z f Bildungsforsch 9, 221–246 (2019). doi.org/10.1007/s35834-019-002

SpringerLinkNeuromythen sind zu Beginn des Lehramtsstudiums prävalent und unabhängig vom Wissen über das menschliche Gehirn - Zeitschrift für BildungsforschungTransferring neuroscientific insights into education has created misconceptions of the human brain, i. e. neuromyths. Studies suggest that neuromyths are widely spread among teachers world-wide. However, it is unclear whether neuromyths already exist at the beginning of teacher education and whether they have a similar prevalence in Austria compared to other countries. The aim of the present study is to address these questions. In addition, this study aims to scrutinize the relationship between knowledge about the human brain and believing in neuromyths. 582 Austrian teacher education students responded to 40 statements of the human brain. Of these 40 statements, 20 were neuromyths and 20 were correct statements about the brain, i. e. neurofacts. Results showed that some neuromyths have a high prevalence already at the beginning of teacher education. Similar to previous findings in other countries, the most widely believed neuromyths were related to learning styles and to a disjoint functioning of the brain hemispheres. Furthermore, neuromyths did not form a unidimensional factor, as assumed—but not tested—by prior studies. Finally, results suggest that the knowledge about the human brain was not related to believing in neuromyths. To summarize, neuromyths are already prevalent at the beginning of teacher education. Teacher education should therefore take care to dispel these neuromyths by addressing neuromyths directly instead of only fostering general knowledge about the human brain. This holds particularly true for those neuromyths that could be potentially harmful when implemented in educational practices.

Auf den zweiten Blick: Was wir von serbischen Studierenden über Demokratie lernen können

Dieser Artikel stammt von CORRECTIV.Faktencheck / Zur Quelle wechseln

In dieser neuen Artikel-Serie  werfen wir einen zweiten Blick auf aktuelle Ereignisse in Ländern, die in der deutschen Berichterstattung wenig Platz finden. Gemeinsam mit lokalen Expertinnen und Experten fragen wir: Welche politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen stecken hinter den aktuellen Ereignissen, die wir in den Nachrichten sehen? Was bedeutet das für Demokratie und Medienfreiheit? Mit unserer Exil-Expertise wollen wir globale Zusammenhänge aufzeigen und verstehen, was wir daraus für ein freies, demokratisches Zusammenleben lernen können.

Für diese Folge haben wir mit Jovana Đurbabić und Tamara Branković (CRTA), Ivana Stjelja (Menschenrechtsaktivistin und Forscherin am Institut für Sozialwissenschaften Belgrad) sowie Varvara Lazarević (Omladinske Novine) gesprochen.

Belgrad, Mitte März: Über 300.000 Menschen versammelten sich in der Hauptstadt zur bisher größten Demonstration in der Geschichte des Landes. Nur zur Einordnung: das wäre so, als würden in Berlin 3,7 Millionen Menschen aus ganz Deutschland demonstrieren. Und so, als wären diese davor eine Woche lang zu Fuß aus München, Tübingen oder Flensburg durch winzige Orte im ganzen Land bis zum Brandenburger Tor gelaufen, aber dazu später mehr. 

“Die Demokratie ist weltweit auf dem Rückzug. Doch Serbien widersetzt sich diesem Trend. Während viele Länder weiter nach rechts rücken, gibt es hier eine von jungen Menschen angeführte Bewegung, die auf einen demokratischen Wandel drängt!” Jovana Đurbabić (CRTA)

Die Lage ist dynamisch, täglich gibt es weitere Proteste und neue Entwicklungen. Soll es Neuwahlen geben? Kann eine Übergangsregierung die Lösung sein? Hat die serbische Regierung wirklich eine Schallkanone gegen friedliche Demonstrierende eingesetzt? Um zu verstehen, was im Land vor sich geht – und warum das auch für Deutschland relevant ist – haben wir mit serbischen Expertinnen gesprochen. 

Was bisher geschah: 

Am 1. November 2024 stürzte das Vordach des Bahnhofs in Novi Sad (der zweitgrößten Stadt Serbiens) ein, wobei 16 Menschen, darunter Kinder und Studierende, ums Leben kamen. Dies kann man als tragischen Unfall bezeichnen oder man kann sich fragen, wieso das Dach eines Bahnhofs einstürzt, der gerade erst aufwändig renoviert und von Regierungsmitgliedern als Prestige-Projekt feierlich neu eröffnet wurde.  Die Studierenden in Novi Sad stellten genau diese Frage und gingen mit ihr auf die serbischen Straßen. Die Proteste weiteten sich schnell aus und finden heute im gesamten Land statt. Der Grund dafür: Es gab nach dem tödlichen Unfall kaum Aufklärung, die Verantwortlichen reagierten zögerlich und flüchteten sich in Ausreden. Die Wut darüber und das Gefühl, als Bürger nicht ernst genommen zu werden, brachten mehr und mehr Menschen auf die serbischen Straßen. Bei jedem Protest werden Schweigeminuten für die Todesopfer abgehalten. Sechzehn Minuten Stille im ganzen Land, jeden Tag, seit fünf Monaten. 

Die Forderungen der Protestierenden sind einfach und gleichzeitig weitreichend: Die zuständigen Institutionen sollen aufklären, wer für das Unglück in Novi Sad verantwortlich ist. Sie sollen Korruption ahnden und dafür sorgen, dass alle Bürger sich sicher im öffentlichen Raum bewegen können. Sie fordern: Rechtsstaatlichkeit, öffentliche Kontrolle und ernstgemeinte Korruptionsbekämpfung. 

Den vorläufigen Höhepunkt erreichten die Proteste am 15. März 2025 in Belgrad. An diesem Tag reisten Teilnehmende aus dem ganzen Land an, zu Hunderten pilgerten gerade die Studierenden zu Fuß oder mit dem Fahrrad nach Belgrad. Dabei kamen sie durch unzählige kleine Dörfer und Städte, sprachen mit Menschen am Wegesrand und wurden willkommen geheißen. Nach diesen emotionalen Szenen und einer begeisterten Begrüßung in Belgrad endete die positive Stimmung abends abrupt. Die genauen Hintergründe sind bisher nicht vollständig aufgeklärt, aber vieles deutet darauf hin, dass gegen die friedlichen Demonstrierenden eine Schallwaffe eingesetzt wurde. Es kam zu einer Massenpanik, die Demonstration wurde beendet. Der Einsatz einer solchen Waffe gegen die Zivilgesellschaft ist in Serbien illegal. Besonders perfide ist dabei, dass dies ausgerechnet während der Schweigeminute für die Opfer von Novi Sad stattfand.

Wie es dazu kam:

Die Protestbewegung wird vor allem von Studierenden getragen – eine junge Generation, die in Serbien kaum Zukunftsperspektiven sieht. Emigration gehört seit Jahren zur gelebten Normalität  – wer kann, verlässt das Land. Hohe Lebenshaltungskosten und niedrige Gehälter machen ein selbständiges, gutes Leben nahezu unmöglich. Man kann die Proteste also auch als den Ausdruck einer Generation beschreiben, die für ihr Recht auf Zukunft im eigenen Land auf die Straße geht.  

Die große Beteiligung der Studierenden an den Protesten kam überraschend, denn bislang galt diese Generation in Serbien als politisch apathisch. “Dieses Ereignis war der Strohhalm, der das lange gefüllte Glas der Galle zum Zerspringen brachte“, sagt Varvara Lazarević, die sich bei Omladinske Novine für Medienbildung unter jungen Menschen einsetzt. Nicht nur die Öffentlichkeit, auch staatliche Institutionen und selbst Hochschuldozenten hatten junge Menschen  bisher als desinteressiert wahrgenommen, meint Lazarević. Doch dies ändert  sich schlagartig, als Studierende der Theaterfakultät in Belgrad Ende November während einer Schweigeminute für die Todesopfer von Novi Sad angegriffen werden. Die anschließende Blockade der Fakultät löste eine Welle der Solidarität aus, landesweit sind fast alle Hochschulen und auch Schulen besetzt.

Die Studierenden bringen frischen Wind in die Protestbewegung: Sie stehen für Empathie, Demokratie und kollektives Handeln – ohne Personenkult. Laut Ivana Stjelja vom Belgrader Institut für Sozialwissenschaften setzen sie auf neue Organisationsformen wie offene Versammlungen an den Fakultäten, bei denen Entscheidungen gemeinsam und im Konsens getroffen werden. “Im Gegensatz zu allen früheren Protesten in Serbien ist diese Bewegung völlig dezentralisiert und führerlos, was in einem Land, das traditionell auf eine starke Führung ausgerichtet ist, eine bemerkenswerte Abweichung darstellt.” Der Unterschied liegt auch in der Sichtweise auf Patriotismus: Laut Jovana Đurbabić (CRTA) definiert die junge Generation ihn nicht nationalistisch, sondern als Einsatz für ein besseres Land. 

An den Demonstrationen nehmen dabei nicht nur Verfechter von Gleichberechtigung, liberaler Demokratie und Menschenrechten teil. EU-Flaggen sieht man kaum, stattdessen dominieren serbische Flaggen, häufig in der Variante, die den Kosovo (ein völkerrechtlich unabhängiger Staat) als Teil Serbiens darstellt. Auch die Verherrlichung von Kriegsverbrechern ist auf den Demonstrationen präsent, ohne dass sich die Masse davon distanziert. Der übergeordnete Konsens: Man geht gemeinsam mit allen auf die Straße, die gegen die Regierung sind – mit dem Ziel, überhaupt wieder Grundlagen für demokratisches Aushandeln zu schaffen. Erst dann sollen politische Debatten geführt und klare Abgrenzungen zwischen unterschiedlichen politischen Positionen gezogen werden.

Die Organisation der Proteste hängt stark mit dem Medienverhalten junger Menschen zusammen. Sie sind medienkompetent, erkennen Falschinformationen und interessieren sich zunehmend für Politik, soziale Gerechtigkeit und Minderheitenrechte. Soziale Medien wie Instagram und X spielen eine zentrale Rolle – hier dokumentieren sie die Proteste und schaffen eine Gegenöffentlichkeit zu staatlichen Medien. Gleichzeitig setzen sie auch auf persönliche Begegnungen: Auf dem Weg zu Großdemos in Belgrad oder Novi Sad führen Gespräche mit Passanten oft zu berührenden Momenten. So wird sichtbar, dass echte Studierende auf der Straße sind – nicht ausländische Agenten, wie die Regierung behauptet. Viele Menschen kommen aus ihren Häusern, bieten Essen und Unterstützung an. “Für viele ist es, als würden sie eine Befreiungsarmee durch das Land marschieren sehen. Es ist die beste grassroots campaign ever” sagt Tamara Branković, stellvertretende Programmdirektorin bei CRTA.

Was im Fernsehen nicht passiert: Wie Bürgerjournalismus Serbien verändert

Medien und Bilder spielen eine zentrale Rolle – besonders in einem Land wie Serbien, wo das Fernsehen für viele, vor allem Ältere, noch immer die wichtigste Informationsquelle ist. Landesweite TV-Frequenzen werden ausschließlich an regierungsnahe Sender vergeben, auf denen der Präsident täglich präsent ist. “Jedes Mal versuchen sie, uns einzureden, unseren eigenen Augen nicht zu trauen. Sie wollen die Deutungshoheit über die Realität – und der Präsident Serbiens spielt dabei eine Schlüsselrolle,” beschreibt es Jovana Đurbabić . Über kritische Stimmen oder Proteste wird kaum berichtet und der Zugang zu unabhängigen Fernsehsendern ist teuer und technisch schwer zugänglich, besonders auf dem Land. Deshalb ziehen die jungen Menschen durch die ländlichen Regionen, um persönliche Gespräche zu führen und eine andere Realität zu zeigen – geprägt von Offenheit, Solidarität und Empathie. Diese Bilder, oft in Livestreams auf Social Media geteilt, stehen in starkem Kontrast zur staatlichen Propaganda.

Laut Jovana Đurbabić (CRTA) nutzen erstmals mehr Menschen soziale Medien als Hauptinformationsquelle anstelle des Fernsehens. Doch der Einfluss der Studierenden reicht darüber hinaus: “Jeder Student hat eine Familie. Die Regierungspropaganda, die versucht, sie als ausländische Söldner darzustellen, die das Wirtschaftswachstum blockieren, kann sie den direkten, persönlichen Mund-zu-Mund-Gesprächen nichts entgegensetzen.“ Zusätzlich verändern Bürgerjournalismus und Initiativen wie die jüngste Erfassung und visuelle Auswertung von über 3.000 Augenzeugenberichten nach dem mutmaßlichen Einsatz der Schallwaffe in Belgrad die mediale Landschaft zunehmend. Diese Daten – etwa zu Orten, psychischen und physischen Erfahrungen unmittelbar vor der Massenpanik sowie zu Folgeschäden – wurden eindrucksvoll aufbereitet und öffentlich zugänglich gemacht (die Visualisierung findet man hier auf Serbisch, Netzpolitik hat die Initiative begleitet und eingeordnet). Es ist das bisher deutlichste Beispiel für die Wirkung von Bürgerjournalismus in der aktuellen Protestbewegung. Die staatliche Kontrolle des medialen Raums bröckelt.

Wer beherrscht den öffentlichen Raum?

Die Protestierenden bringen die Schattenseiten eines Regimes ans Licht, das sich über viele Jahre etabliert hat. Wie Ivana Stjelja sagt, geht es bei der Tragödie von Novi Sad nicht nur um ein zusammengebrochenes Vordach, “sondern um ein zusammenbrechendes System”.  Und im Kern um die Frage, wer den öffentlichen Raum beherrscht und steuert. Wenn Medien, Parlamente oder Bauprojekte ausschließlich von der Regierung und ihren Unterstützern kontrolliert werden, ohne unabhängige Aufsicht, wird dieser öffentliche Raum zur Gefahr. Hasskampagnen aus Regierungskreisen gegen die Zivilgesellschaft schaffen zudem ein Klima der Gewalt. Was früher Rhetorik war, hat inzwischen reale Folgen – von Einschüchterung über juristische Schikanen bis hin zu physischen Angriffen auf Journalistinnen und zivilgesellschaftliche Organisationen.

Ein weiteres Beispiel für diese Gewaltspirale ist der Umgang der Regierung mit den immer größeren Protesten. Wochenlang hatte die Regierung Studierende als Gewalttäter dargestellt und sogar behauptet, es sei ein Anschlag auf den Präsidenten geplant. Tatsächlich mobilisierte sie jedoch selbst rechtsextreme Gruppen und Kriminelle – offenbar in der Absicht, Gewalt zu provozieren. Das Ziel: Angst und Chaos. Dies kulminierte dann in der Massenpanik, mutmaßlich ausgelöst durch eine rechtswidrig eingesetzte Schallwaffe. 

“Wenn dieser Vorfall in Europa unbemerkt bleibt, wird er einen gefährlichen Präzedenzfall schaffen. Andere Regierungen könnten ihn als Vorbild für die Unterdrückung der Versammlungsfreiheit betrachten. Es geht hier nicht nur um Serbien, sondern um ein Thema von globaler Bedeutung. Wir müssen auf eine gründliche Untersuchung drängen und verstehen, was passiert ist.” Tamara  Branković, CRTA

Die Studierenden antworten auf die Provokationen der Regierung mit Bildern von Solidarität und Empathie. Besonders ihr konsequentes Bekenntnis zur Gewaltfreiheit und zum friedlichen Protest wird trotz aller Propaganda von immer mehr Menschen wahrgenommen. Nach Monaten der Proteste bröckelt daher das öffentliche Vertrauen in regierungsnahe Medien. Selbst staatliche Sender berichten mittlerweile über die Demonstrationen. Im Kleinen entstehen neue, demokratische Strukturen – der öffentliche Raum wird Stück für Stück zurückgewonnen.

Protestler in die Parlamente? 

Neuwahlen – wie vom Präsidenten vorgeschlagen – entsprechen nicht den Vorstellungen der Protestbewegung. Obwohl laut einer Studie von CRTA rund 80 % der Bevölkerung die Proteste unterstützen, bedeutet das nicht automatisch Zustimmung für die Opposition. Jahrelange Propaganda hat viele Menschen politisch desillusioniert. Die Regierung diffamierte oppositionelle Gruppen, zivilgesellschaftliche Organisationen und Aktivistinnen systematisch. “Dies hat nicht nur die Menschen von der Opposition weggetrieben, sondern auch ein allgemeines Gefühl der Abscheu gegenüber der Politik selbst erzeugt“, sagt Tamara Branković.

Deshalb distanzieren sich die Proteste bewusst von Parteien, NGOs oder Aktivistengruppen – teils so stark, dass man von einer „Antipolitik“-Haltung sprechen könnte. Zwar führte der Druck der Proteste zum Rücktritt des Premierministers im Januar 2025, doch zentrale Probleme bleiben ungelöst. Mitglieder der Oppositionsparteien fordern nun eine Übergangsregierung, die faire und freie Wahlen ermöglichen soll. Dafür braucht es grundlegende Reformen: aktualisierte Wählerlisten, transparente Wahlgesetze und ein Ende der jahrelangen Manipulationen – weg von Stimmenkauf und Medienkontrolle. Ohne diese Voraussetzungen bleibt jede Wahl ein politisches Scheingefecht. In anderen Worten, zurück zur Kernforderung der Studierenden: Institutionen, tut eure Arbeit! Gleichzeitig sind die Proteste eine Lernerfahrung für gelebte Demokratie. An den Universitäten organisieren die Studierenden offene Plena, treffen Entscheidungen im Konsens und entwickeln ein neues politisches Selbstbewusstsein. Dieses Modell – direkte Demokratie ohne Führungspersonen – übertragen sie auch auf lokale Bürgerversammlungen. Dieses Beteiligungsformat ist in der serbischen Verfassung verankert, wurde jedoch bisher kaum eingesetzt. Das ändert sich jetzt. Ein Beispiel: In Pirot wurde der Präsident kürzlich per geheimer Abstimmung zur Persona non grata erklärt. Tamara Branković  von CRTA warnt: Direkte Demokratie ist wertvoll, aber sie braucht langfristig Struktur und politische Anbindung. Viele junge Menschen, die bisher unpolitisch waren, wollen nun aktiv mitgestalten – sie wissen vielleicht noch nicht, wen sie wählen, aber sind sicher, dass sie wählen werden. 

Wie es weitergeht, hängt neben der Opposition und zivilgesellschaftlichen Gruppen auch von internationalen Akteuren ab. Besonders kritisch wird das Verhalten der EU gesehen. Während viele Demonstrierende für demokratische Werte stehen, bleibt die EU auffallend passiv. Trotz massiver Rückschritte in Serbien loben europäische Spitzenpolitikerinnen wie Ursula von der Leyen öffentlich angebliche rechtsstaatliche Fortschritte seitens der Regierung – ein Signal, das viele als Verrat empfinden.

Tamara Branković (CRTA) bringt es auf den Punkt: “Wenn der EU die Kraft fehlt, sich wirklich mit der Situation in Serbien auseinanderzusetzen, ist unsere Botschaft an sie einfach: Tun Sie gar nichts.” Wenn die EU also nicht bereit ist, klare Position gegen Autoritarismus und die Regierung Vučić zu beziehen, sollte sie also wenigstens davon absehen, das Regime durch leere Worte zu legitimieren. Dann kämpfen die Serbinnen und Serben lieber allein – aber mit Rückgrat.

Auf den zweiten Blick

Lehren aus Serbiens Protesten

Erstens: Eine illegitime Regierung, die ohne Kontrolle agiert, kann tödlich sein. Die vermeintliche Stabilität unter der Regierung Vučić ist ein Trugbild. Tatsächlich war Serbien selten so instabil wie heute. Auch EU-Bürger und Bürgerinnen sind im Land nicht sicher, wenn sie als politische Bedrohung angesehen werden. Die Regierung kann jede Person ausweisen, die ihr unbequem ist. Das alte EU-Narrativ, Vučić als Garant der Stabilität, fällt damit in sich zusammen.

Zweitens: Echter Wandel muss bei den Ursachen ansetzen, nicht bei den Symptomen. Neuwahlen allein bringen keine Lösung, solange das Wahlsystem unfrei und unfair bleibt. Notwendig sind tiefgreifende Reformen und die Nutzung vorhandener demokratischer Strukturen – etwa lokaler Bürgerversammlungen. Es geht darum, Gespräche mit den Mitbürgern zu suchen, Propaganda zu entlarven und im Alltag empathisch und solidarisch zu handeln.

Drittens: Veränderung braucht Ausdauer. Die jungen Protestierenden machen deutlich: Sie lassen sich nicht abspeisen, sondern fordern Aufklärung und widersprechen gezielt dem Präsidenten. Gespräche mit ihm – dem laut Verfassung nur repräsentativen Staatschef – lenken schließlich nur vom eigentlichen Problem ab: dem Versagen der Institutionen.

Viertens: Positive Erzählungen wirken gegen Hass. Während die Regierung Gewalt fördert, setzen Studierende auf Bildung, Humor und Dialog. Mit Handbüchern wie „Wie spricht man mit der eigenen Großmutter über Propaganda?“ zeigen sie, wie man Angst durch Aufklärung ersetzt.

Denn entscheidend ist dabei: Wie in allen autoritären Regimen wurde auch in Serbien bislang durch ein Klima der Angst regiert. Doch diese Angst verliert zunehmend ihre Wirkung. Immer mehr Menschen wagen es, offen Widerspruch zu leisten und auf die Straße zu gehen. Die Einschüchterungstaktiken greifen nicht mehr wie früher. Wie Jovana Đurbabić (CRTA) sagt: “Die Angst hat in Serbien an Macht verloren – und das verändert alles.”

Wie kann ich auf dem Laufenden bleiben? 

Wir haben unsere Interviewpartnerinnen gefragt, wie sich CORRECTIV-Lesende weiterhin über die Entwicklungen in Serbien informieren können. Hier sind ihre Empfehlungen: 

Redigatur: Viera Zuborova, Minou Becker
Grafiken: Viera Zuborova (Vorlage von Freepik.com)
Kommunikation und Social Media: Katharina Roche

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Author: Viera Zuborova

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